Ein Reisetagebuch von Georg Starke
Montag, 24. Juni
“Scotland haste ye back!“ Nach fünf Jahren Abstinenz Ankunft in Glasgow – Airport. Wir bekommen einen Mietwagen. Die Gangschaltung auf der linken Seite ist zunächst ungewohnt. Oft gibt es heitere Missverständnisse zwischen Fahrer und Beifahrer beim Einsteigen: Wer fährt denn nun? Allerdings fällt einem das Linksfahren mit einem Leihwagen einfacher als mit dem eigenen PKW. Spätestens nach drei Tagen geht das Linksfahren in Fleisch und Blut über.
Die Speed Limits betragen innerhalb der Ortschaften 30 mph (ca. 48 km/h), außerhalb von Ortschaften 50 mph (ca. 80 km/h) und auf Autobahnen oder sog.
Dual Carriageways 70 mph (ca. 110 km/h).
Wenn man in den schottischen Highlands mit dem Auto unterwegs ist, empfiehlt es sich aufgrund der schmalen Single Track Roads, den Mietwagen lieber eine Nummer kleiner zu wählen.
Von Glasgow nach Crieff, unserer ersten Station in Schottland, dauert die Fahrt ca. anderthalb Stunden. Der alte Luftkurort Crieff wird von den meisten Schottlandreisenden außer Acht gelassen. Das hat dieser Ort nicht verdient! Denn Crieff ist „Schottland für Anfänger“ und besitzt alles, was für dieses Land charakteristisch ist: Berge, Flüsse, Lochs, Wanderwege und eine freundlich geführte Distillery, deren Malt-Whisky Bestandteil von “Famous Grouse“ ist.
Hier ist das Klima angenehm mild. Im Osten ist das Wetter immer besser als an der Westküste Schottlands.
Tipp: Neben dem beschaulichen “Lady Mary´s Walk“ am River Earn entlang gibt es einen hervorragenden Aussichtspunkt am Staudamm von Loch Turret. Man lässt “The Famous Grouse Experience “ hinter sich und fährt die Straße weiter, überquert eine Brücke, biegt links in eine Single Track Road ein und folgt dieser für ca. 15 Minuten. Man kommt am “Water Estate“ vorbei, fährt über ein Cattle Grid und muss ein Gatter auf- und wieder zuschließen, bis man den Parkplatz erreicht. Typisch für die Botanik dort sind viele „Knabenkräuter“ (Orchideen).
Accommodation: Für Bed & Breakfast gibt man in Schottland pro Person £ 30 – 40 aus. Für Crieff gibt es einen besonderen Tipp: In einem alten Pfarrhaus vermietet Annette Forsyth ( www.wandern-schottland.de/fewo.htm ) eine geräumige 4-Zimmer-Wohnung im viktorianischen Stil. Sämtliche Einrichtungsgegenstände entstammen dieser Epoche. Eine wunderschön eingerichtete Wohnung – für Kenner und Liebhaber. Nicht umsonst erhielt diese Wohnung eine 4-Sterne-Auszeichnung des Scottish Tourist Board.
Mittwoch, 26. Juni
Stirling Castle – der Besuch lohnt sich! Man kann das Auto außerhalb der Stadt lassen und über den Pfad unterhalb der Mauern zum Schloss gelangen.
James V, der Vater von Mary Stuart, Queen of Scots, veranlasste den Renaissance-Umbau von Stirling Castle. Wenn der Mann nicht so früh gestorben wäre, was hätte sein “reign“ für Schottland noch alles bereit gehalten… Wir sind uns schnell einig: Stirling Castle ist schöner als Edinburgh Castle und nicht so “overcrowded“. Trotzdem wird Stirling Castle oft links liegen gelassen. Warum eigentlich?
Unterhalb des Schlosses befindet sich inmitten eines kleinen sehenswerten Friedhofs die “Church of the Holy Rude“: Reingehen, anschauen, auf sich wirken lassen.
Um Stirling herum befinden sich viele alte Schlachtfelder, u.a. Bannockburn. Hier erkämpften sich die Schotten unter Robert the Bruce im Jahre 1314 ihre Unabhängigkeit gegen die Engländer (Sollte es einen Grund haben, dass die schottische Zentralregierung die Volksabstimmung über den Verbleib im United Kingdom auf das Jahr 2014 legen möchte?).
In Bunnockburn kämpften auf Seiten der Schotten viele Tempelritter, die nach dem Verbot ihres Ordens auf dem Kontinent nach Schottland auswichen. Haudegen waren da immer gefragt. Ob ihre Mithilfe der eigentliche Grund für die Unabhängigkeit Schottlands war?
Accommodation: Wir haben ein wunderbares B&B bei Kaye und Andrew Campbell gefunden. Andrew ist ein humorvoller Hausherr. Man fühlt sich sofort willkommen. Die Zimmer heißen nach berühmten (oder berüchtigten) Clans: Stewart, Campbell… Für ein 3-Sterne-Doppel-Zimmer sind £ 30 für Stirling ein fairer Preis. Wir wünschen viel Spaß beim “Traditional Scottish Breakfast“ (www.neidpath-stirling.co.uk ).
PS: “Visiting Scotland“ verlangt in Stirling eine Gebühr von einigen Pfund für die Vermittlung eines Quartiers.
Donnerstag, 27. Juni
Außerhalb von Stirling befindet sich weithin sichtbar das viktorianische National Wallace Monument, das an den schottischen Nationalheld und Freiheitskämpfer William Wallace („Braveheart“) erinnert. Auf drei Etagen mit 246 Stufen gibt es geballt schottische Geschichte in Form von 3-D-Kino, einer schottischen Hall of Fame und der Baugeschichte des Monumentes. Vom Denkmal aus kann man bei gutem Wetter die “Forth Road Bridge“ von Edinburgh sehen.
In der Grafschaft Fifemachen wir Bekanntschaft mit “Spooky Wullie“, einem der Top Ten schottischer “Ghostbuster“. Als wir bei ihm sind, ruft eine ältere Dame hilfesuchend an: Der Geist eines Teenagers in ihrem Haus wirft gerade mit Tellern und Töpfen nach ihr, sie habe schreckliche Angst und ob Wullie nicht sofort kommen kann. Er vertröstet sie mit den Worten: “You should be happy, that you can experience things like that…”
Accommodation: In Forfar empfehlen wir das “Strathdeveron Guest House”, das von Pat und Bill MacDonald liebevoll geführt wird (www.bandb.strathdeveron.co.uk ). Pat und Bill haben genügend Tipps für die Erkundung der sehr sehenswerten Ostküste.
Freitag, 28. Juni
Die meisten Schottland-Reisenden vernachlässigen oft zugunsten der Westküste die lieblichere Ostküste und fahren direkt nach Inverness. Dabei ist den wenigsten klar, dass die „wilden Highlands“ eine Kulturlandschaft sind. Wir verlassen den Osten nicht ohne einen Besuch in Glamis Castle (Das „i“ wird nicht mitgesprochen.). Glamis Castle ist der Archetyp eines schottischen Schlosses. Es war schon „uralt“, als Mary Stuart hier übernachtete. “Not another bloody room, where she slept…“, so Polly, unsere Tourguidance. “What about ghosts? You´ve only mentioned two.” –
“In fact, there´s one in every room. I can´t bother to tell you all…”
Inverness wird oft Hauptstadt der Highlands genannt und ist der Verkehrsknotenpunkt für den Norden und den Westen. Hier kann man alles kaufen:
Tweed, Souvenirs, Dudelsäcke, Postkarten… Inverness ist ziemlich “tough“, laut und alkoholbeseelt. In den Straßen vor den Bars patrouillieren nicht mehr die Polizeistreifen, sondern private Sicherheitsdienste. Ab einer bestimmten Uhrzeit sollten Toiletten in den Pubs und Bars gemieden werden. Eine Kneipe gefällt uns gut: “The Castle Tavern“ in der Castle Street mit Blick auf Inverness Castle. Sie wurde ausgezeichnet als “Real Ale Pub of the Year 2008 and 2010“.
Im “Victorian Gift Shop“, 1 Market Arcade, einem Familienbetrieb seit 1946, erhält man die preiswertesten Reiseandenken in der Stadt. Und obendrein noch den einen oder anderen Ausflugstipp. Auf der Black Isle machen wir einen kurzen Abstecher nach Cromarty. Von dort folgen wir einer sehr schmalen Single Track Road zum höchsten Punkt: Blick schweifen lassen, staunen.
Am Cromarty Firth werden alte Ölplattformen abgewrackt, u.a. die „Brent Spar“. Auf der anderen Seite der Black Isle befindet sich der Moray Firth. In ihm befinden sich viele Delphinarten. Von Chanonry Point bei Fortrose sind sie oft bei einlaufendem Wasser zu beobachten (www.whales.org/shorewatch ). Sollten keine auftauchen, so kann man sich dort an “fish and chips“ erfreuen.
Accommodation: In Inverness gibt es an B&Bs und anderen Unterkünften keinen Mangel. Allerdings möchten wir auf unsere Unterkunft bei Margaret und George Henderson im Moray House aufmerksam machen. Nie haben wir Wirtsleute getroffen, die witziger, geistreicher, netter und intelligenter waren, aber nicht aufdringlich. Alles in allem “rather British“ mit dem dazugehörigen “traditional breakfast“. Dazu liegt das Moray House in ruhiger Lage und ist trotzdem zentrumsnah (Kontakt: mh20041@yahoo.co.uk ).
Sonntag, 30. Juni
Wir verlassen Inverness und fahren die A9 Richtung Norden zum kleinen Ort Morangie am Dornoch Firth. Dort kommen die Kegelrobben an den Strand. Eine Legende ist jedoch, dass die Robben besonders gern den Strandabschnitt vor der Whisky-Brennerei “Glen Morangie“ bevorzugen.
Vorbei an der ehemaligen Jugendherberge Bonar Bridge und an den “Falls of Shin“, gelangt man nach Lairg am Loch Shin. Dies ist die letzte größere Ortschaft vor der Nordküste. Von jetzt an gibt es ausschließlich Single Track Roads mit Passing Places.
Die Fahrt in den Norden geht vorbei an den Plantagen bleicher Baumstümpfe der Holzindustrie. Billiges Holz wird innerhalb von 40 Jahren für Latten und Spanplatten geerntet. Der Rest wird stehen gelassen, um in Zukunft daraus Pellets zu machen. Die ökologischen Probleme werden außer Acht gelassen.
Ab Loch Loyal wird die Landschaft wieder lebendig: eiszeitliche Gletscher-zungentäler, Urstromtäler und viel Wind. Wir erblicken die Meerenge von Tongue.
Montag, 1. Juli
Besteigung von Ben Hope, dem nördlichsten „Munro“ (ein schottischer Berg über 3000 feet/914 m). Ursprünglich gab es über 290 Munros. Nach neuen Vermessungen sind es noch 282 und ihre Zahl nimmt ständig ab… Auf Ben Hope geht es zu wie beim “Piccadilly Circus during rush hour“, weil viele Hillwalker gerade diesen Munro in ihrer Bergtrophäensammlung haben wollen. Der Aufstieg ist steil und morastig. Wenn man Glück hat, wird man mit einem tollen Panoramablick über die Nordküste belohnt. Aber das Wetter in Schottland ist nicht vorhersagbar.
“What we have is weather.“ Man muss es nehmen, wie es kommt. Wir haben typisch schottisches Wetter: Nebel, Regen und Wolken – kein Panoramablick.
Dienstag, 2. Juli
Hier ist Mackay-Land. Dieser Clan lag ständig in Clinch mit den Sutherlands. 1433 fand hier zwischen den beiden Clans die blutigste Schlacht des schottischen Mittelalters statt. Die zahlenmäßig unterlegenen Mackays gewannen die Schlacht, getreu ihrem Motto „manu forti“ – mit starker Hand. Das Verhältnis der Mackays zu den Sutherlands ist wie das der MacDonalds zu den Campbells…
Es lohnt sich den Kyle of Tongue zu umrunden und auf jungsteinzeitliche, bronzezeitliche und eisenzeitliche Siedlungsreste zu stoßen sowie auf Spuren der Wikinger, der Jakobiter und der Highland Clearances. Auch an John Lennon und Yoko Ono wird erinnert, die hier 1969 einen Autounfall hatten.
Fährt man in Richtung Westen nach Durness, so sollte man die kleinen Seitenstraßen nicht missachten und kleine Abstecher einplanen. Durness hat neben einem John-Lennon-Monument noch eine Höhle (“Smoo Cave“) zu besichtigen. Die weiten Sandstrände sind einmalig.
Auf der Rücktour schauen wir im Töpferatelier der Dänin Lotte Glob vorbei (www.lotteglob.co.uk ). Ihre Töpferware ist Landschaftskunst. Sie drückt Landschaft in Keramik aus und stellt Keramik in Landschaft. Ich bin hingerissen. Meine Frau findet es unbeschreiblich…
Tipp: Wir empfehlen sich vor Ort Kevin O´Reillys “What to see around the Kyle of Tongue – Road tour: rocks, landscape, history and archaeology” zu besorgen, ein kleines Büchlein für ca. £ 2. Diese Broschüre behandelt Geologie und Geschichte erschöpfend und gibt Hintergründe und Ausflugstipps, die man sonst nicht erfährt.
Mittwoch, 3. Juli
Heute besteigen wir den anderen prominenten Berg Tongues, Ben Loyal. Ben Loyal ist niedriger als Ben Hope, aber der Anstieg ist schwieriger und länger. Nur geübte Bergwanderer, die verstehen mit Karte und Kompass umzugehen (oder Leute, die eine Wette eingegangen sind…), sollten sich an diesen Aufstieg wagen.
Zunächst wandert man eine Stunde u. a. durch Furten und Morast, um den Fuß des Berges zu erreichen. Der Anstieg ist sehr anstrengend, aber man wird mit einigen schönen Ausblicken belohnt. Der Pfad ist später schwer zu erkennen. Auf Karten ist er nicht eingezeichnet. Im Zweifelsfalle muss man sich selber einen Weg bahnen. Ben Loyal besteht im Prinzip aus drei bis vier Gipfeln. Der höchste, “An Caistel“, ist 764 m hoch. Aufgrund von Nebel, Wolken und schlechter Sicht gehen wir den gleichen Weg zurück und nicht den beschriebenen Abstieg.
Accommodation: Wir fühlen uns bei Angela und Jimmy Beattie im „Tigh-Nan-Ubhal Guest House“ (www.tigh-nan-ubhal.com) ausgesprochen wohl. Besonders zu empfehlen ist ihr reichhaltiges und wohlschmeckendes traditional Scottish Breakfast (Auf Wunsch mit Loch Fyne Kippers!) wie auch das „continental“ Breakfast. Wenn man vorher noch nie Porridge probiert hat, sollte man dies bei Angela tun.
Donnerstag, 4. Juli
Wir verlassen schweren Herzens Tongue und fahren Richtung Osten entlang der Küste nach Bettyhill. Auch hier benutzen wir wieder Nebenstrecken. Vorher machen wir noch einen Abstecher zur Kirche von Tongue aus dem 17. Jahrhundert: So eine kleine gemütliche Kirche mit Polstern aus (natürlich Mackay-) Tartan habe ich noch nie gesehen. In dieser Wohnzimmeratmosphäre fühlt man sich sofort aufgehoben.
Neben den Sandstränden bei Durness sind die weiten Sandstrände bei Bettyhill sehr eindrucksvoll. Der River Naver, eines der besten Lachsgewässer in Großbritannien, mündet bei Bettyhill ins Meer. Ein kleiner typischer Laden mit post office und Zapfsäule befindet sich auf dem höchsten Punkt des Ortes. Hier bekommt man alles, auch das “99“ Softeis.
Eine Anmerkung in eigener Sache: Ich finde, man sollte nicht alles bei “Telso“ und “Asda“ in Inverness einkaufen, mit dem Wohnmobil in die Highlands fahren, sämtliche “facilities“ frei nutzen und so gut wie kein Geld in der Gegend lassen. Die Menschen sind vor Ort auf den Tourismus als Haupteinnahmequelle angewiesen und bewahren damit auch die einzigartige Landschaft und die vielen Sehenswürdigkeiten, die dieses Land zu bieten hat. Also: Übernachten Sie auf Ihrer Reise mitunter mal auf einem Campingplatz, im B&B, in einem Hotel oder “hostle“. Unterstützen Sie die kleinen Läden vor Ort, hinterlassen Sie einen kleinen Obolus in der Dorfkirche oder zünden Sie eine Kerze an. Sie können interessante Leute kennen lernen und erfahren oft mehr über die Gegend und erhalten wertvolle Tipps. Bedenken Sie auch, dass Sie als Tourist Botschafter Ihres Landes sind (Einen Deutschen erkennt man im Ausland sofort.). Man wird es Ihnen danken.
Um die Gegend von Bettyhill zu erkunden, empfehlen wir Kevin O´Reillys Broschüre “What to see around Bettyhill. Local history. Archaeology. Geology. Das Büchlein ist im Laden vor Ort für ca. £2 zu erhalten.
Kurz vor Ortsende befindet sich das “Tourist Information“ in einem Kaffee. Kurz dahinter liegt die “Farr Church“, die heute das “Strathnaver Museum“ beheimatet. Dieses „Heimatmuseum“ hat vor allem die “Clearences“ der Highlands zum Thema, jedoch befindet sich dort auch der “Farr Stone“, ein christlicher Grabstein aus dem 8. Jahrhundert.
Im Tourist Information fragen wir nach einer Unterkunft. Nicht alle Unterkünfte werden im Internet beworben oder in den Hochglanzzeitschriften des Scottish Tourist Board angeboten. Mitunter hängt der eine oder andere Geheimtipp in einem kleinen Laden oder die Mitarbeiter wissen Bescheid. Es schadet auch nicht, wenn man wiederkommt und eine Rückmeldung über die Unterkunft hinterlässt.
Wir erhalten einen Caravan in Kirtomy mit Blick auf den Atlantik. Wir buchen für zwei Tage. Wir bleiben eine Woche.
Freitag, 5. Juli
Vor unserem Wohnwagen tummelt sich ein Lamm, das mit der Flasche aufgezogen wird. Nach Absprache mit Morag, der Crofterin, übernehmen wir die Fütterung. Nach kurzer Zeit hat sich das Lamm an meine Frau gewöhnt.
Ich mache eine Wanderung über den Cnoc Mor zum verlassenen Dorf Poulouriscaig, von dem nur noch Ruinen existieren. Der Weg lohnt sich und ich werde mit einem Blick auf den Atlantik belohnt. Über mir fliegt ein Seeadler.
Der kalte Wind lässt einen die Sonne nicht spüren. Sonnenbrand!
Samstag, 6. Juli
Vorbei an Douwnreay Nuclear Power Station und Thurso wandeln wir auf den Spuren von Queen Mum und besuchen Castle and Gardens of Mey. Hier fühlte sie sich am wohlsten. Wer mag es ihr verdenken? Sitzend in ihrem eigenen Garten, stolz auf ihre Angus-Rinder und mit Seeblick auf die Orkney-Inseln. Die beliebteste Gin-Trinkerin Großbritanniens war Schottin, die zufällig mit dem englischen König verheiratet war. Auf die Klage eines afrikanischen Politikers über die rüde Kolonialpolitik der Engländer antwortete sie, dass gerade sie als Schottin ganz und gar seine Meinung teile…
Die Privatgemächer von Queen Mum wurden nach ihrem Ableben im Originalzustand belassen. Auf ihrem Schreibtisch steht ein Foto von ihrem Lieblingsenkel Charles. Daneben ein Bild von Camilla Parker Bowles.
Queen Mum war bekannt für ihren ausgelassenen Humor: Neben dem Fernsehgerät liegen Videokassetten von “Dad´s Army“ und “Fawlty Towers“.
Ach ja, willkommen bei den Sch´tis:Wer in Sutherland und Caithness Urlaub macht, sollte einmal genauer hinhören: Sutherland heißt “Shutherland“ und die Sinclairs near Thursosind die “Shinclairs“ near “Thursho“.
Sonntag, 7. Juli
An der kluftigen Küste zwischen Bettyhill und Thurso liegen einige Perlen versteckt, z.B. Strathy Point, bekannt als Aussichtspunkt für Delphine, Basstölpel und Sturmvögel. An der Grenze zwischen den Counties Sutherland und Caithness auf der A 836 befindet sich ein kleiner Parkplatz. Von ihm gelangen wir zu einem Brutfelsen für Papageientaucher. Einige Schafpfade führen noch näher an die “puffins“ heran. Wenn man sich für einen dieser Pfade entscheidet, sollte man schwindelfrei sein, denn die Gefahr ist groß abzustürzen. Es ist auch möglich, an geführten Wanderungen teilzunehmen.
Ganz in der Nähe des schottischen Atomkraftwerks, das angeblich auf der Anschlagsliste der Taliban gestanden haben soll, befindet sich die malerische Ruine von St. Mary´s Chapel inmitten eines kleinen Friedhofes. Im Hintergrund hört man das Rauschen des Atlantiks.
Tipp: Den Tag beschließen wir im Farr Bay Inn (“FBI“), einem urigen Pub hinter der Farr Church. Seit vier Jahren wird das Pub im ehemaligen Pastorat (1827 – 1952) von Karen und Steve aus London geführt. Angeblich kommt der letzte verblichene Pastor mitunter zu Besuch… Doch das Haus aus dem 18. Jahrhundert birgt noch andere Geheimnisse: Vom Pfarrhof führt ein Tunnel unter den Dünen zum Strand. Der Zweck des Tunnels ist unbekannt.
Das FBI ist das einzige Pub, in dem man von einem Schäferhund bedient wird.
Ansonsten gibt es gutes Ale und Lager sowie sehr anständige britische “barmeals“. Das Farr Bay Inn bietet auch B&B an (www.farrbayinn.co.uk ).
Montag, 8. Juli
Wir beschließen heute entlang des River Naver bis Altnaharra zu fahren (Strathnaver Trail). Man kommt an verlassenen Ortschaften und Siedlungsresten vorbei. Nicht alle sind Zeugen der schottischen Clearences, durchgeführt vom Juristen und Schurken Patrick Sellar. Viele sind Steinringe, Kammergräber, Brochs und Grabstätten aus prähistorischer Zeit und bis zu 6000 Jahre alt. Die beste Zusammenstellung zur schottischen Vor- und Frühgeschichte ist meiner Meinung nach im Museum von Inverness zu sehen. Einen kurzen und objektiven Überblick über die Clearances bietet Kevin O´Reilly in seinen Broschüren, da er zwischen Fakten und Folklore unterscheidet.
Die weiten Sandstrände von Bettyhill laden uns zum Verweilen und Dösen ein. Zum Schwimmen ist das Wasser zu kalt, da die Nordküste nur geringfügig vom Golfstrom beeinflusst wird. Um uns herum laufen aufgeregt zwei Regenpfeifer. Wenige Augenblicke später erkennen wir den Grund: Ihr Junges stolziert vor unseren Füßen aus seinem Versteck heraus…
Accommodation: Alle, die sich an einem alten Wohnwagen mit einigen Macken und Mängeln stören, sollten diesen Tipp überlesen. Alle anderen dürfen sich auf einen wunderbaren Panoramablick mit Sonnenuntergängen freuen – vorausgesetzt, das Wetter spielt mit! Der Caravan mit zwei Schlafzimmern, Küchenzeile, Bad und Wohnzimmer bietet Platz für eine vierköpfige Familie. Allerdings wird es dann eng. Ideal ist der Trailer für zwei Personen.
Eine Anfrage bei Morag Campbell ist nur vor Ort, per Post oder Telefon möglich
(Tel.: 0044 – (0)1641 – 521 262).
Mittwoch, 10. Juli
Wir nehmen Abschied von unserem Wohnwagen, der Steilküste und einem handzahmen Lamm und verlassen Kirtomy. Die Rückfahrt geht über Wick, Inverness, Pitlochry und Perth nach Glasgow. In Bridge of Allan bei Stirling besichtigen wir die “Parish Church“, die von Schottlands berühmten Architekten Charles Rennie MacIntosh eingerichtet wurde. Doch das ist Stoff für eine weitere Reise…